...und die findet ihren Weg, immer
"Neiiin, ich will jetzt nicht weinen!!!"
Und schon wird mit eifrig mit den Händen gewedelt, um die möglicherweise bereits feuchte Augenpartie zu trocknen und weiterhin aufsteigende Tränen zu unterdrücken, während die Pupillen vehement nach oben gerollt und aus dem Mund laaaaange ein- und wieder ausgeatmet wird, fast so, als wollte man eine schmerzhafte Wehe veratmen. Jetzt nur noch kramphaft lachen, das wirkt auch manchmal ein bisschen gegen das verfluchte Weinen...
ABER STOP!
Diesen ganzen Aufwand echt nur, um unserem Gegenüber ja nicht zu zeigen, wie wir uns gerade fühlen?!
WARUM?
Wen wollen wir dadurch schützen? Ihn, oder uns selbst?
ABER WOVOR?
Also, ich zeige meine Tränen, immer. Und zu jeder Zeit, überall. Ist mir vollkommen egal, wer da vor mir steht, oder wo ich stehe. Denn meine Tränen sind zu jeder Zeit Zeuge eines tiefen Gefühls, das für meinem Körper in diesem Moment einfach zu groß geworden ist und eben genau JETZT Platz braucht, um nach Außen gehen zu können, damit es in mir nicht länger so eng ist.
Meist wird dieses große Gefühl begleitet von der Liebe.
Immer, ja eigentlich sogar immer...
Denn jedes Gefühl, das so groß werden kann, dass es einen Weg nach draußen finden muss, damit ich nicht zerplatze, hat seinen Ursprung, in reinster Form, in der LIEBE.
Sei es die Trauer um meine verstorbenen Kinder, oder die Freude über meine Kinder auf der Erde, das Mitgefühl für trauernde Menschen, die ich begleite, ein Lied, das schöne Erinnerungen in mir hervorruft, ein Babylächeln das mich entzückt, eine Oma Hand in Hand mit ihrem Opa im Park, ein Text, in der der Verfasser seine ganze Seele gelegt hat...
Alles, alles ist irgendwo LIEBE.
Und die will eben nach draußen. Immer.
Und das darf sie auch. Immer.
Auch in Form von Tränen.
Punkt.
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