Es war einmal eine Frau, die sehr traurig war. Sie hatte das Gefühl, etwas Wichtiges verloren zu haben und nicht mehr zu wissen, wo sie hingehörte und wo ihr Platz war. Sie fühlte sich orientierungslos und vieles in ihrem Leben machte ihr einfach nur Angst.
Sie war so verzweifelt über diesen Zustand, dass sie sich eines Tages einfach auf den Boden im Wald setzte und weinte. Sie hatte keine Kraft mehr weiterzukämpfen, und auch keine Lust, und am liebsten hätte sie sich einfach nur in Luft aufgelöst.
Plötzlich hörte sie eine Stimme, die ihren Namen rief. Erschrocken blickte die Frau um sich, doch niemand war da.
„Ich bin hier.“ sagte die Stimme freundlich.
"In dir! Warum bist du so traurig?“
Die Frau blickte erst skeptisch um sich und antwortete dann ganz leise, nach Innen:
„Ach, ich weiß einfach nicht mehr weiter... Aber, wer bist du??“
„Ich bin dein inneres Kind“, antwortete die Stimme. "Und ich bin hergekommen, um dir zu helfen! Doch dafür brauche ich deine Hilfe. Wir sind nämlich ein Team, wir zwei, du und ich! Weißt du?"
"Hä… ich verstehe nicht..."
schüttelte die Frau den Kopf und wischte sich die Tränen weg.
„Schau her“, übernahm das Kind wieder das Wort, "Du möchtest wissen, wie es weitergehen soll, hast du gesagt, und ich weiß das!"
Es schien fast so, als wäre das Kind unheimlich stolz darauf, so ein cooles Geheimnis zu wissen, und dann fuhr es verschwörerisch fort:
"Du musst wissen, dass ich es dir aber nur sagen kann, wenn du mir versprichst, dass wir dann zusammenarbeiten. Okay?“
"Tun wir das denn nicht?“, fragte die Frau erstaunt.
"Hmm… Naja. Eigentlich nicht so ganz. Irgendwann in deinem Leben hast du nämlich angefangen, dir zu wünschen, dass du alles unter Kontrolle hast, damit du nix mehr erleben musst, was dir nicht gefallen könnte. Du hast es immer so ähnlich ausgedrückt wie, auf Nummer Sicher gehen, oder so... Das fand ich voll doof... Und dann hast du mich einfach weggeschickt!"
Die Frau erinnerte sich an den Zeitpunkt, als das passiert war und sah betroffen zu Boden.
Das Kind sprach weiter, es klang nun fast so, als sei es ein wenig bockig.
"Und je mehr du also alles unter Kontrolle haben wolltest, desto mehr musste ich weggehen. Das war echt richtig blöd und hat gar keinen Spaß gemacht."
Es machte eine kurze Pause und als es schließlich weitersprach, war seine schlechte Laune schon wieder wie weggeblasen.
"Ich mache nämlich manchmal ganz schön verrückte Dinge, weißt du? Ich bringe dich an Orte, die dir erstmal gar nicht gefallen, wo es aber voll was Schönes zu entdecken gibt! Und ich helfe deinem Herzen immer dabei, Gefühle zu fühlen, die richtig doll im Bauch kribbeln! Zusammen mit mir hast du schon ganz viele coole Abenteuer erlebt!"
Das Kind stockte kurz und wurde nachdenklich "Hmm... Aber, weil du hinterher dann immer angefangen hast, über alles nachzudenken und dir echt fiese Gedanken gemacht hast, ob das nun richtig war oder falsch und dabei oft ganz sehr traurig wurdest, und ich dich halt auch so sehr lieb hab, wie du es dir gar nicht vorstellen kannst, hab ich mich dann irgendwann zurückgehalten und bin mit der Zeit immer leiser geworden...“
„Wirklich? Ich habe das alles gar nicht gemerkt“, sagte die Frau traurig zu ihrem Inneren Kind und schämte sich dabei fast ein wenig.
Doch die Stimme antwortete prompt und lächelte aufmunternd:
"Das macht doch nix! Weil JETZT spürst du es ja, oder?"
„Ja, ich denke schon... Aber was soll ich denn jetzt tun, damit es mir und dir wieder besser geht?“, fragte die Frau hilflos.
„Ganz einfach - lass mich mal wieder ans Steuer! Erlaub mir, dass ICH lenke! Hab nicht immer so viel Angst, ich weiß genau, wohin es gehen soll! Vergiss doch mal diese doofe Zahl Sicher, oder wie die heißt, die gibt's nämlich in echt gar nicht! Sieh ein, dass es ein Fehler war, dir zu wünschen, immer alles unter Kontrolle zu haben. Das ist doch langweilig und außerdem auch ganz schön anstrengend…! Ich bin jetzt mal die Bestimmerin, ich mache das nämlich voll gut! Du wirst voll viel Spaß bei der Fahrt mit mir haben! Das verspreche ich dir!“
Das Kind war ganz außer sich vor Freude.
„Und", sprudelte es weiter aus ihm heraus, "ICH passe auf dich auf! Wenn du mir erlaubst, dich zu fahren, und mir vertraust, brauchst du vor nichts mehr Angst zu haben! Und auch wenn du dir dann vielleicht mal das Knie anschrammst, dann macht das nix, weil ich weiß nämlich, wie man das wieder heile-heile macht!"
Die Frau lächelte ergriffen.
"Nichts wird dir was anhaben können, wenn du mir vertraust! Ich werde dir alle meine Geheimnisse verraten und dir zeigen, wie es geht, glücklich zu sein! …das ist nämlich eigentlich voll babyleicht!“
Ein wohliges Kribbeln durchfuhr den Körper der Frau und sie stand langsam vom Boden auf.
„Ja“, sagte sie zu ihrem Inneren Kind,
„JA, ich will das! Ich erlaube dir, mich zu lenken und …die Bestimmerin… zu sein!"
Daraufhin wurde das Kribbeln in ihrem Bauch immer stärker und so belebend, dass sich die Frau nun nicht mehr schwach und hilflos fühlte, sondern stark und kraftvoll.
"Spürst du das?", fragte die Stimme lächelnd, "Da bin ich schon! Und zusammen sind wir zwei rabenstark! Mit mir bist du nicht mehr klein, sondern ganz groß! Zusammen schaffen wir alles!“
Da schossen der Frau Tränen in die Augen und sie bekam eine Ahnung davon, was es heißen könnte, glücklich zu sein.
Sie fing an, zu lachen und ganz vorsichtig zu tänzeln, bis sie schließlich durch den ganzen Wald tanzte und dabei immer lauter lachte und Freudentränen weinte.
Text Sandra Wagner,
"Die Frau und das Kind"
Diese Geschichte ist mir gerade zufällig in die Hände gefallen, als ich mein Büro aufräumte. Sie entstand vor etwa 5 Jahren. Zu dieser Zeit beschäftigte ich mich viel mit Innerer-Kind-Arbeit und ich glaube, dass ich mit diesem Text einfach auf spielerisch kreative Art und Weise den Input verarbeitet habe, den ich in den Seminaren dazu aufgenommen hatte.
Vielleicht gefällt euch der Text ja... 🙂
Ein lieber Gruß von Herzen
Eure Sandra
...und mein inneres Kind "Klara".
So hatte sie sich mir bei unserem allerersten Treffen vorgestellt 💗
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